Gigabit -Netz in Heuweiler flächendeckend frühestens ab 2023 – über die Bedeutung der Aufgreifschwelle für den langsamen Netzausbau

UPDATE Februar 2024: Der Zweckverbaund hat einen Zeitplan für die Ausbauarbeiten in Heuweiler veröffentlicht. Gleichzeitig scheint es so zu sein, dass mehr ausgebaut wird, als ursprünlich beantragt [16]

Ausbauplan Heuweiler Stand Februar 2024. Neu hinzugekommen sind der Bereich vom Dorfplatz bis zur Laube, die ganze Glottertalstraße sowie die Bebauung um den Birklehof

UPDATE Juni 2022: Im Mai 2022 hat der Zweckverband erste Informationen über den Ausbau der Weißen und auch der grauen Flecken veröffentlicht [14].  Vodafone hat mit der Vorvermarktung am 25. Mai 2022 begonnen [15]

Obwohl der Zugang zu schnellem Internet nicht nur ein bedeutender Wirtschaftsfaktor, sondern auch ein Faktor für Lebensqualität ist, besteht in Deutschland weder über die Privatwirtschaft noch über die öffentliche Hand ein Anspruch auf einen Breitbandausbau oder einen Breitbandanschluss. Bund und Land gewähren dem privaten Ausbau unbedingten Vorrang. Die öffentliche Hand kann nach den Vorgaben von EU, Bund und Land nur dann tätig werden, wenn eine Unterversorgung besteht und kein privater Netzbetreiber einen Ausbau innerhalb von drei Jahren durchführt. Ein (geförderter) kommunaler Ausbau wird verwehrt, wenn ein Telekommunikationsunternehmen eigenwirtschaftlich die Verbesserung der Breitbandversorgung vorantreibt[1].

In Deutschland, so heißt es, habe man den Netzausbau über Jahre, wenn nicht über Jahrzehnte verschlafen. Gilt das auch in Heuweiler?

Der Breitbandausbau zählt nach dem oben gesagten nicht zu den Pflichtaufgaben, sondern zu den freiwilligen Aufgaben einer Gemeinde. Dennoch hat sich die Förderung der Breitbandversorgung auf Beschluss des Gemeinderates in den letzten Jahren zu einem wichtigen Posten im Gemeindehaushalt entwickelt (aus Gründen, die ich nicht benennen kann, wurde in Heuweiler in den 1980er Jahren kein Kabelanschluss verlegt):

Subventionen  in die Breitbandversorgung von Heuweiler

1.) Im Zusammenhang mit der Erschließung des Baugebietes am Flissert hat Heuweiler die Deutsche Telekom mit etwa 85.000 € subventioniert, damit die Telekom von Denzlingen kommend, Glasfaser nach Heuweiler verlegt

2.) Seit Jahren legt Heuweiler bei Tiefbauarbeiten Leerrohre für Glasfaser auf eigene Kosten (Bsp: Dorfplatz, Straße Hinterheuweiler)

3.) Heuweiler ist Gründungsmitglied des Zweckverbands „Breitband Breisgau“ und hat seit dem Beitritt im Jahr 2018 über 33.000 € Betriebskostenumlage an den Zweckverband im Haushalt eingestellt

4.) Im Dezember 2020 hat Heuweiler ein Ausbaukonzept für den Breitbandausbau in Heuweiler beschlossen. Die Kosten nur zum Ausbau der unterversorgten Bereiche in der Gemeinde
Heuweiler (Abb. 1) belaufen sich auf 852.000 €. Der geplante Eigenanteil der Gemeinde wird auf 164.000 € geschätzt, wird aber erst in den kommenden Jahren haushaltswirksam. Das Verfahren der Markterkundung war zu diesem Zeitpunkt bereits abgeschlossen [8].

5.) in einer Presseerklärung vom 8.2.2021 hat Staatssekretärin Schwarzelühr-Sutter erklärt, dass der Zweckverband Breitband Breisgau vom Bund  einen Zuschuss in Höhe von 425.716 Euro für die „Erschließung von unterversorgten Adressen in Heuweiler“ erhält. Der Zweckverband Breitband Breisgau hat diese Summe im April 2021 bestätigt [7] Mit weiteren 340.000 € Förderung durch das Land kann gerechnet werden

6.) am 22.4. hat der Zweckverband Breitband Breisgau bekannt gegeben, dass das Land Baden-Württemberg den Aufbau der Backbone-Strecken in der Gemarkung der Kommunen Glottertal, Gundelfingen und Heuweiler in Höhe von 1.486.657 Euro aus Landesmitteln fördert [6]

7.) am 4.9.2021 übergab Digitalisierungsminister Thomas Strobl den bereits Anfang des Jahres angekündigten Fördermittelbescheid für Heuweiler über 331 TEUR an den Zweckverband Breitband Breisgau. Eine Erweiterung des Ausbaukonzeptes wurde nicht angekündigt. Stattdessen wurde darauf hingewiesen, dass der Zweckverband nur dann aktiv würde, wenn durch den Markt technisch keine leitungsgebundene Bandbreite von mindestens 30 Mbit/s zur Verfügung gestellt werden kann und kein privater Anbieter einen Ausbau innerhalb von drei Jahren eigenwirtschaftlich leisten wolle.[8]

Abb. 1: Trassenverlauf und Anschlusspunkte des geplanten öffentlichen Glasfasernetzes in Heuweiler. Quelle: Zweckverband Breitband Breisgau, aus der öffentlichen Sitzung des Gemeinderats vom 10.12.2020 [2]

Was bedeutet: „unterversorgte Adressen“?

Zum Planungsstand betraf der Begriff Unterversorgung lediglich die Anschlüsse in Heuweiler, die mit weniger als 30MBit/s versorgt sind (plus den Gebäuden der Schule und der Halle). Es handelt sich neben der Grundschule insgesamt lediglich um 4 außen liegende Hofstellen (den Bankhof, den Berghof, den Litzestahler Hof, den Rainhof) und zwei in Hinterheuweiler gelegene Häuser (Abb. 2). Das Glasfaserkabel wir vom Kirchberg kommend über die Dorfstraße nach Hinterheuweiler und über die Gundelfingerstraße bis zum Litzestahler Hof gelegt. Häuser entlang des Weges dürfen zunächst nicht angeschlossen werden (bzw. der Anschluss wird nicht gefördert werden).

Abb. 2: die von Bund geförderten Hausanschlüsse [3] Informationen laut Breitbandatlas: „Anzahl der Anschlüsse (Haushalte, Gewerbe, Institutionen): offen. Fördersumme Bund: 425.716,00 €, Fördermodell: Ausbau mit Betreibermodell, Technologie FTTB/H“.

Offizielles Ziel der Bundesförderung: Gigabit Versorgung flächendeckend ab 2025

Der Bund fördert den Breitbandausbau mit Glasfaser eigentlich mit dem Ziel in 2025 1000 MBit/s (Gigabit) zu erreichen. Zum Schutz der Telekom und anderer privater Unternehmen aber bisher nur dort, wo eine Unterversorgung herrscht. Dabei galt zum Zeitpunkt des Beschlusses im Dezember 2020) Unterversorgung nur dort wo 30MBit/s (lediglich 3 % der in 4 Jahren geplanten allgemeinen Zielgeschwindigkeit) nicht erreicht werden. In andere Gebiete dürfen nach der Vorgabe des Bundes vorerst keine Leitungen gelegt werden, und die Häuser entlang der neuen Leitungen dürfen selbst dann nicht angeschlossen werden, wenn die Straße vor der Tür zur Verlegung von Glasfaser gerade aufgebuddelt wird. Jedes mal, wenn die Geschwindigkeitsgrenze um wenige % angehoben wird, müsste man nach dieser Logik die Straßen oder die Gehwege für die neu als unterversorgt definierten Haushalte erneut öffnen.

Schulen sind davon ausgenommen, sie dürfen bereits jetzt versorgt werden (weil natürlich gerade in Schulen 30 MBit/s viel zu wenig ist).

Fakt ist, wir planen in Heuweiler mit öffentlichen Mitteln Glasfaser für fast 900.000 €, dürfen aber nur den Bankhof, den Berghof, den Litzestahler Hof, den Rainhof, eine Familie in Hinterheuweiler und die Schule anschließen (Abb. 1), und wir zahlen für den Zweckverband, der das organisiert inzwischen über 10.000 € Betriebskostenumlage pro Jahr. Das ist wegen der Vorgaben aus dem Bund leider in der ganzen Republik so. Das ganze machte nur Sinn, weil wir hoffen konnten, dass bis zu Beginn der Baumaßnahme die Regeln geändert werden. Ansonsten würde die BRD  trotz Milliardeninvestitionen den Anschluss an das digitale Zeitalter endgültig verpassen.

Anhebung der Aufgreifschwelle: ab 2021 100MBit/s, ab 2023: offen

Tatsächlich wurden mit dem Jahreswechsel 2021 die Aufgriffschwelle auf 100 Mbit/s angehoben [4,5]. Zur Frage, ob dies die Umsetzung der bereits genehmigten Förderung in Heuweiler beeinflusst oder ob unter den neuen Bedingungen der Förderantrag erweitert werden kann, hat sich der Zweckverband gegenüber der Gemeinde noch nicht geäußert.

Wird die Deutsche Telekom ihre Marktmacht nutzen, um den Breitbandausbau in Heuweiler so lange wie möglich zu behindern?

Ärgerlich ist aber in Heuweiler, dass die Telekom ja nur deshalb fast überall 30 MBit/s erreicht hat, da die Gemeinde vor ca. 10 Jahren das Verlegen von Glasfaser von Denzlingen durch das halbe Dorf bereits mit Steuermitteln (85.000 €) subventioniert hat. Die Telekom nutzt die (mindestens bis zum Weidweg) vorhandenen Glasfaserleitungen aber nur, um den öffentlichen Glasfaserausbau zu blockieren. Dies könnte sie wegen der vorhandenen Leitungskapazität und der Nutzung von VDSL-Vectoring so lange mit wenig Aufwand machen, bis die vorgegebenen Untergrenzen ganz fallen, und das Ziel, überall Glasfaser in den Häusern zu haben, tatsächlich gefördert wird. Dies wird nach dem Beschluss der EU-Kommission aber erst 2023 passieren. Umgekehrt könnte die Telekom aber ihr bereits vorhandenes Glasfaserkabel auch nutzen, um zeitnah alle Haushalte zumindest im Vorderdorf daran anzuschließen. Wir werden genau beobachten wie sich die Telekom verhalten wird.

Mischen neue Player den Markt auf?

Das erst 2020 gegründete Unternehmen „Unsere Grüne Glasfaser“ (UGG) aus Ismaning bei München macht seit März einer Reihe von Gemeinden im Umfeld das Angebot, das Glasfasernetz bis in die Häuser auszubauen. Das Joint-Venture der deutschen Allianz und der spanischen Telefónica ist Presseberichten zufolge bereits in Riegel, Malterdingen und Ehrenkirchen tätig. Wenn ein privates Unternehmen ein solches Angebot macht, verhindert dies vermutlich die Möglichkeit weiterer Förderungen durch Bund und Land. Bereits gemachte Förderzusagen sind davon vermutlich jedoch nicht betroffen.

Zusätzlich drängt der Anbieter Liberty Global, einer der weltweit größten Breitbandanbieter mit Sitz in London  in den deutschen Markt [11]. 2019 hatte Liberty Global seine Kabeltochter Unitymedia an Vodafone verkauft. Nun kehrt der Konzern zurück und legt Glasfaser zu Haushalten (FTTH). Die Vermarktung der Anschlüsse  erfolgt über das Portal hellofiber.de. In der brandenburgischen Gemeinde Petershagen/Eggersdorf war für die ersten Kunden der Anschluss kostenlos, danach werden einmalig 799 Euro berechnet[12, 13].

Verlinkte Quellen

[1] Zweckverband Breitband Breisgau auf den Seiten des Landkreises Breisgau-Hochschwarzwald

[2] Beratungsunterlagen zum Breitbandkonzept Gemeinderat Heuweiler, Dezember 2020, veröffentlicht gem §41b Abs. 4 GemO BW

[3] Breitbandatlas des BMVI. Abgerufen am 01.03.2021

[4] EU-Kommission genehmigt bundesweite Regelung zur Förderung des Ausbaus von Gigabit-Netzen in Deutschland. Internet-Auftritt der Europäischen Kommission

[5] Stellungnahme des Landesministeriums für Inneres, Digitalisierung und Migration zur Aufgreifschwelle 100 Mbit/s. Drucksache 16 / 8567 vom 28.07.2020

[6] Baden Württemberg fördert den Aufbau der Backbone-Strecken der Kommunen Glottertal, Gundelfingen und Heuweiler mit 1.486.657 Euro. Presseerklärung vom 22.04.2021

[7] Weitere Fördermillionen für Zweckverband Breitband. BZ vom 27.02.2021 über die Presseerklärung des Zweckverbandes vom 14.04.2021

[8] Land gibt weitere 22 Millionen. Bericht der BZ vom 7.9.2021

[9] Ergebnis der Markterkundung (alle Details hier) durch den Zweckverband Breitband Breisgau.

[10] Wichtige Förderrichtlinien und Verwaltungsvorschriften auf service-bw.de

[11] Liberty Global kommt zurück nach Deutschland, verlegt Glasfaser-Anschlüsse. Heise online 28.9.2021

[12] Glasfaser: Der Kampf um die Kunden auf dem Land hat begonnen. Bericht auf rnd.de vom 15.11.2021

[13] aktuelles Vermarktungskonzept von Liberty Networks über hellofiber in Feldafing und Tutzing am Starnberger See

[14] Zweckverband Breitband Breisgau: Ausbau in Heuweiler abgerufen am 08.06.2022

[15] Bis zum 31. Juli 2022 abschließen und Vorteile sichern Vodafone.de abgerufen am 08.06.2022

[16] Zeitplan des Zweckverbandes für den Glasfaserausbau in Heuweiler, Stand Februar 2024

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