Sehr geehrter Herr Bürgermeister, liebe Gemeinderäte, sehr geehrter Herr Altmann, sehr geehrte Damen und Herren,
dies ist der achte Haushalt unter Ihrer Führung, Herr Walz, und es ist der fünfte Haushalt nach den Regeln des doppischen Haushaltsrechts.
Schwieriges Umfeld
Die Vorgaben des Landes, welche die Grundlage für den vorliegenden Haushaltsplan darstellen, gehen von einer sehr optimistischen „Momentaufnahme in Zeiten hoher Unsicherheit“ aus. Mit anderen Worten: wir sollten uns darauf gefasst machen, dass die Einnahmen sich viel ungünstiger entwickeln könnten, als es in den Zahlen dargestellt ist, zum Beispiel, indem wir entsprechende Reserven einplanen.
Zum schwierigen Umfeld gehört nach zwei Jahren der Coronapandemie insbesondere der Angriffskrieg des von Putin geführten Russlands gegen die Ukraine. Über das Leid in der Ukraine möchte ich hier gar nicht sprechen, es geht ja um unseren Haushalt. Die Gemeinden sehen sich Herausforderungen in der Flüchtlingsunterbringung gegenüber, die Energiekosten sind explodiert, und in Folge ist die Inflation auf über 10 Prozent angestiegen. Nach einer langen Periode von Niedrigzinsen steigen die Zinsen aktuell steil an. Lag der Zinssatz für 20-jährige Bauzinsen noch vor einem Jahr bei unter 2 Prozent, wurden im November erstmals seit zehn Jahren wieder Zinsen von über 4 Prozent aufgerufen.
Fehlende Jahresabschlüsse
Die letzte Jahresrechnung für Heuweiler stammt aus dem Jahr 2018 und wurde noch im kameralen Recht erstellt. Mit anderen Worten: Seit der Einführung der Doppik wurde dem Gemeinderat kein einziger Jahresabschluss vorgelegt. Dabei legt die Gemeindeordnung in §95b fest, dass der Jahresabschluss innerhalb von sechs Monaten nach Ende des Haushaltsjahres zu erstellen und vom Gemeinderat innerhalb eines Jahres nach Ende des Haushaltsjahres festzustellen ist. Wir sind jahrelang im Verzug. Jeder Verein in Heuweiler geht mit seinen Finanzen transparenter um.
Unabhängig davon, was die Gründe für die fehlenden Abschlüsse waren: ein fehlender Jahresabschluss ist bei Anwendung der Doppik besonders problematisch, weil gleichzeitig mit der Doppik auch die Budgetierung des Haushalts eingeführt wurde. Der Rat hat seither keine Möglichkeit einer Detailsteuerung wie sie in der traditionellen Haushaltswirtschaft mit der Festlegung einzelner Haushaltspositionen gegeben war. Stattdessen erhält die Verwaltung erweiterte Kompetenzen im Rahmen der vorgegebenen Budgets. Dies war politisch so gewollt. Dass die Budgets teilweise gegenseitig deckungsfähig sind und eine Übertragung auf Folgejahre möglich sind, macht es am Ende nicht einfacher für den Gemeinderat, den Überblick zu behalten.
Indem keine Jahresrechnungen vorgelegt werden, wird dem Gemeinderat neben der fehlenden Möglichkeit der Steuerung zusätzlich die Option der Kontrolle genommen. So ist es möglich geworden, dass einerseits Beschlüsse des Gemeinderats nicht umgesetzt werden und gleichzeitig Ausgaben am Gemeinderat vorbei getätigt werden. Als Beispiel möchte ich hier den Kauf und die Installation einer Ladestation für ein Lastenrad in 2021 oder die Zusage einer laufenden Finanzierung für die nächsten Jahre im Kontext einer Baumpflanzaktion durch den Bürgermeister nennen. Beides war nicht vom Gemeinderat genehmigt. Umgekehrt finden sich im Haushaltsentwurf für 2023 aber nicht wenige Positionen, die so schon im Haushalt 2021 und/oder 2022 beschlossen wurden, ohne dass sie umgesetzt wurden Ale Beispiel sei hier etwa die Umrüstung von Straßenbeleuchtung auf LED genannt.
Sehr geehrter Herr Walz, ich möchte für die Neue Liste heute sagen: wir werden dem Verzug bei den Haushaltsrechnungen in Zukunft nicht mehr dulden. Wir verlangen nicht nur die Vorlage der Jahresabschlüsse, wir werden auch unser Recht zur Akteneinsicht gem. §24 Abs. 3 der Gemeindeordnung nutzen.
Haushaltsstruktur mit Produktverantwortlichen
Bei der Betrachtung des Haushalts selbst werde ich mich auf nur wenige Details beschränken. Vorher möchte ich aber noch etwas zur Struktur des Haushaltes sagen: Betrachtet man die Teilhaushalte, so finden sich hier Produktbereiche oder Produktgruppen, die jeweils einem Verantwortungsbereich einer Produktverantwortlichen Person in der Verwaltung zugeordnet sind. Insgesamt sind 12 verschiedene Mitarteiter*innen der Verwaltung aufgeführt. Ich verstehe es so, dass die Budgetverantwortung mit der Haushaltsverabschiedung auf die jeweils genannten übertragen ist und die Verantwortlichen dem Bürgermeister gegenüber auch rechenschaftspflichtig sind. Ich möchte ankündigen, dass wir Ihre Aufsichtspflicht einfordern und von Ihnen künftig Zwischenberichte über den Stand der Bewirtschaftung der einzelnen Budgets einfordern werden.
Pauschale Streichungen von etwa 50.000€
Bei der Vorberatung ist etwas passiert, an das ich mich in dieser Form noch nicht erinnern kann: Wir haben 50 TEUR eingespart, nicht indem wir einzelne Positionen gestrichen haben wie im Jahr 2021, sondern indem wir pauschal die Budgetansätze gekürzt haben. Das Ergebnis dieses Vorgehens ist, dass etwa beim Kindergarten der Zuschuss um 20 TEUR gekürzt wurde oder für Beseitigung von Schäden an Gemeindestraßen 10 TEUR statt 14 TEUR eingestellt wurden, ohne dass auf konkrete Maßnahmen verzichtet wurde. Solchen pauschalen Kürzungen stehen keine sachlichen Einsparungen gegenüber. Mit anderen Worten: es wird nicht wirklich gespart, sondern der Haushalt ist einfach enger als vorher auf Kante genäht. Dieses Vorgehen passt von der Logik zwar zur Doppik, aber nicht zu dem unsicheren Umfeld in dem dieser Haushalt aufgestellt wird.
Trotzdem verfehlen wir den Haushaltsausgleich erneut um knapp 100 TEUR. Mit anderen Worten: schon jetzt klafft eine ziemliche Finanzlücke. In Zukunft könnte dies aber noch schlimmer werden.
Investitionen
Im Finanzhaushalt finden sich einige Positionen, die uns Bauchschmerzen bereiten:
- die geplanten Baukosten für eine U3-Gruppe in der Glottertalstraße sind um 350.000 gestiegen. Trotzdem hat der Gemeinderat sich mehrheitlich für den Kauf ausgesprochen, obwohl sich am Standort des ehemaligen Grünen Baums keinerlei Synergieeffekte mit anderen Vorhaben ergeben, keine Nachhaltigkeit in der Nutzung zu erwarten ist, der Träger nicht feststeht und die Finanzierung der laufenden Kosten nicht gesichert ist. Ich persönlich halte diesen Kauf für eine eklatante Fehlentscheidung. Alleine für Zins und Tilgung werden (bei Einbringung von 1/3 Eigenkapital) etwa 35 TEUR aufgewendet werden. Hinzu kommen mindestens 50 TEUR Zuschuss für den laufenden Betrieb einer Gruppe.
- Der Haushalt sieht eine weitere Kreditermächtigung von 1000 TEUR vor, die dem Erwerb oder dem Bau von Wohnraum für Flüchtlinge dienen soll. Ein Neubau für den derzeitigen Bedarf kann nicht mal ansatzweise mit diesen Mitteln finanziert werden. Es gibt im Rat stimmen, die der Meinung sind, wir sollten im Außenbereich eine große Flüchtlingsunterkunft errichten. Wir als Neue Liste sind der Meinung, dass es weiterhin das Beste für Heuweiler ist, an der dezentralen Unterbringung festzuhalten. Daher sollte die Gemeinde auch in diese Richtung tätig werden und auch den Erwerb bestehenden Wohnraums verfolgen. Bisher haben wir in diese Richtung zu wenig Aktivität beobachtet.
- Aktuell haben wir eigene liquide Mittel in der Größe von mehr als 1500 TEUR, die wir bei den Investitionen unterstützend einsetzen können und voraussichtlich auch müssen. Dies setzt jedoch voraus, dass langfristig die Ausgaben nicht über die Einnahmen steigen. Dies kann nur über die Steigerung der Einnahmen gelingen und es wird eine wesentliche Aufgabe für die nächsten Jahre sein.
Dank an den Bürgermeister
Sehr geehrter Herr Walz, lassen Sie mich am Ende ein persönliches Wort an Sie richten. Trotz der auch heute an mancher Stellen geäußerten Kritik möchte ich Ihnen für Ihre Arbeit in den letzten Jahren vor allem danken. Ohne viel Vorerfahrung hatten Sie 2015 das Steuer der Gemeinde Heuweiler in der stürmichsten Zeit der Nachkriegszeit übernommen. Ich nenne als Stichworte: die sogenannte Flüchtlingskrise, den Ausfall sämtlicher Gemeindebediensteten in Heuweiler, die Coronapandemie, den russischen Überfall auf die Ukraine und die Energiekrise. Sie mussten sich einem Berg an Aufgaben stellen. Nicht alles ist Ihnen geglückt, aber doch so manches. Ich hoffe, dass sie die Zusammenarbeit hier im Rat, wenn sie auch nicht immer konfliktfrei war und ist, dann doch stets als konstruktiv empfunden haben und empfinden.
Sie haben bereits signalisiert, dass sie bei der Bürgermeisterwahl am 14. Mai wieder kandidieren werden. Es wird die Aufgabe des dann gewählten Bürgermeisters sein, die angesprochenen Themen zu lösen und Heuweiler zukunftsfähig aufzustellen.
Ich bedanke mich bei Ihnen, dass Sie diese Aufgabe angehen wollen und versichere Ihnen für den Fall der Wiederwahl, dass wir Sie weiterhin kritisch begleiten werden!
Die Neue Liste stimmt dem vorgelegten Haushaltsentwurf für das Jahr 2023 mehrheitlich zu.
Verlinkte Quellen
[1] Haushaltsplan Heuweiler 2023, veröffentlicht gem §41b Abs. 4 GemO BW