Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrter Herr Altmann, liebe Gemeinderatskolleg*innen, Vertreter der Presse, meine sehr geehrten Damen und Herren,
ich möchte meinen Vortrag mit einem Dank beginnen: Mit jedem Haushaltsplan, den wir seit Einführung der Doppik vorgelegt bekommen, wird das Werk für uns übersichtlicher. Dies liegt aber nicht nur daran, dass wir uns an die Doppik gewöhnt haben, sondern vor allem auch daran, dass die Darstellung immer besser gelingt. Herr Altmann, vielen Dank für die gute Erläuterung und detaillierte Auflistung der Einzelpositionen. In diesem Jahr sind außerdem erstmals seit Einführung der Doppik die Zahlen aus dem Ergebnis des Vorjahres dargestellt. Dies war aufgrund der fehlenden Eröffnungsbilanz bisher nicht möglich und wir haben heute gehört, dass diese Zahlen nach aktuellem Stand noch immer vorläufig sind. Faktisch hat die fehlende Eröffnungsbilanz seit 2019 dazu geführt, dass wir keine Jahresabschlüsse beschließen konnten, so dass die tatsächliche Haushaltslage für uns Gemeinderäte und für die Öffentlichkeit unübersichtlich bleiben musste. Gut, dass dieser doch recht unhaltbare Zustand in diesem Jahr enden wird.
Im Haushaltsplan für 2022 haben wir insbesondere wegen gestiegener Schlüsselzuweisungen und gestiegenem Gemeindeanteil an der Einkommensteuer in Verbindung mit geringeren Umlagen über 240 TEUR mehr zur Verfügung als in den vergangenen Jahren. Zusätzlich fallen die Abschreibungen aufgrund der vorläufigen Eröffnungsbilanz um über 50 TEUR geringer aus als im letzten Jahr. Eigentlich optimale Rahmenbedingungen, und interessanterweise lässt sich im Haushalt für 2022 eine Sondersituation durch Corona gar nicht erkennen. Während nach kameralen Haushaltsregeln ein deutlicher Überschuss erwirtschaftet würde, haben wir uns nicht wirklich bemüht, den Haushaltsausgleich nach NKHR unbedingt zu schaffen. Anders als im vergangenen Jahr haben wir bei der Haushaltsaufstellung auf die „Streichorgie“ bei den Vorberatungen zum Haushalt verzichtet. Am Ende verfehlen wir den Haushaltsausgleich um knapp 16 TEUR. Zum Vergleich: im Haushaltsplan 2021 fehlte mehr als das 10-fache dieses Betrags!
Ein paar wichtige Ausgaben möchte ich an dieser Stelle aufzählen. Sie mögen mir verzeihen, wenn ich nicht zwischen Aufwendungen und Investitionen unterscheide: 50 TEUR für die Asphaltierung des Lehenwegs; 30 TEUR für die Umstellung der Straßenbeleuchtung auf LED; weitere 25 TEUR für den Bebauungs-Plan Dorfstraße; 6,5 TEUR für WLAN in Schule, Halle und Gemeindehaus; 4,5 TEUR für eine Mikrofonanlage für die Ratssitzungen; 1,8 TEUR für einen Beamer für die Kirchberghalle. Eine erweiterte Zusammenstellung finden Sie auf der Seite der Neuen Liste unter „Standpunkte: Finanzen & Wirtschaft“. Dort finden Sie auch den digitalisierten Haushaltsplan der Gemeinde im Original.
Zwei große Investitionsvorhaben, muss ich kommentieren, weil hier noch viel zu tun ist:
Erstens: Erweiterung des Kindergartens um eine U3-Gruppe:
Im Haushalt stehen 600 TEUR für den Erwerb einer Immobilie für die Einrichtung einer zusätzlichen U3-Gruppe. Die Einrichtung einer zusätzlichen Gruppe wird in den nächsten Jahren mit großer Sicherheit notwendig und entspricht einer Forderung, die die Neue Liste bei der Wahl zum Gemeinderat 2019 formuliert hat. Allerdings ist immer noch nicht dargestellt, wie in Zukunft der Betrieb einer weiteren Gruppe finanziert werden kann. Außerdem sind die Bedingungen des § 12 der Gemeindehaushaltsverordnung überhaupt noch nicht erfüllt (ich zitiere): „Bevor Investitionen von erheblicher finanzieller Bedeutung beschlossen werden, soll unter mehreren in Betracht kommenden Möglichkeiten durch einen Wirtschaftlichkeitsvergleich unter Einbeziehung der Folgekosten die für die Gemeinde wirtschaftlichste Lösung ermittelt werden.“ Da die Gemeinde Gundelfingen in absehbarer Zeit die Außenstelle der Johann Peter Hebel-Grundschule aufgeben wird, müssen mindestens die Kosten für die mögliche Umwidmung des derzeitigen Schulhauses als Kindergartenerweiterung im Vergleich zu den Kosten bei Erwerb einer Immobilie an anderer Stelle herangezogen werden. Ich gehe davon aus, dass der Betrieb einer weiteren Gruppe am Kirchberg deutlich günstiger wäre als der Betrieb einer Einrichtung an einem zusätzlichen Standort. In jedem Fall stehen in dieser Frage noch erhebliche Vorarbeiten seitens des Bürgermeisters und der Verwaltung aus. Trotzdem unterstützt die Neue Liste diesen Investitionsauftrag, da wir handlungsfähig sein müssen, wenn sich eine Möglichkeit zum Kauf ergibt. In jedem Fall fordern wir die die Überprüfung eines möglichen Standortes für eine U3-Gruppe am Kirchberg.
Zweitens: für ein Investitionsvorhaben für die Unterbringung von geflüchteten Personen und deren Familiennachzug:
In diesem wie in den kommenden Jahren sieht der Haushaltsplan je 1 Million Euro für den Bau, Kauf oder Erwerb von Wohnraum für Flüchtlinge vor. Es gibt jedoch weder ein konkretes Vorhaben, noch eine detaillierte Abstimmung. Ich zitiere noch einmal die Gemeindehaushaltsverordnung: „Auszahlungen und Verpflichtungsermächtigungen für Baumaßnahmen dürfen erst veranschlagt werden, wenn Pläne, Kostenberechnungen und Erläuterungen vorliegen, aus denen die Art der Ausführung, die Kosten der Maßnahme sowie die voraussichtlichen Jahresraten unter Angabe der Kostenbeteiligung Dritter und ein Bauzeitplan im Einzelnen ersichtlich sind.“ Hier muss im Gemeinderat und in der Verwaltung noch viel Abstimmungsarbeit geleistet werden. Ideal wäre aus unserer Sicht, wenn wir ein Mehrfamilienhaus aus den 60er oder 70er Jahren erwerben könnten oder wenn wir neue Bauflächen erschließen könnten. Aber wir können investiv nur tätig werden, wenn es ein Angebt gibt. Für die Haushaltsposition gilt: wir müssen handlungsfähig sein, da es der Gemeinde nicht gelungen ist, genügend Wohnungen anzumieten. Aus diesem Grund müssen wir Haushaltsmittel vorsehen, um ein Grundstück, ein Haus, eine oder mehrere Wohnungen zu erwerben oder zu errichten. Dank bürgerschaftlichen Engagements werden in diesem Jahr drei genossenschaftliche Wohnungen für Flüchtlinge zur Verfügung stehen. Die Gemeinde war in dieser Hinsicht zu lange untätig.
Ich möchte angesichts der aktuell fehlenden Planungstiefe für diese anvisierten Investitionen in nie da gewesener Größenordnung für die Neue Liste eines ganz klar zum Ausdruck bringen: eine große Unterkunft für 20 oder 30 Flüchtlinge wird die Neue Liste nicht mittragen. Wir halten an dem für uns seit Jahren formulierten Ziel der dezentralen Flüchtlingsunterbringung fest. Sie ist nach unserer Überzeugung der Schlüssel für die Integration und gleichzeitig die einzige Lösung, die zu Heuweiler passt. Dies schließt kleinere Containerwohnungen an der einen oder anderen Stelle nicht aus. Sollten die Planungen jedoch wieder in Richtung einer Massenunterkunft gehen, dann nur gegen den Willen und gegen die Stimmen der Neuen Liste.
Obwohl wir wissen, dass in den letzten Jahren am Ende immer mehr Geld da war, als in den HH-Plänen vorgesehen war, sehen wir folgende Haushaltsrisiken:
- die Vorgaben des Landes für die Planungen in diesem und in den nächsten Jahren sind sehr optimistisch. Was, wenn es angesichts explodierender Energiepreise, angesichts von Corona und anspringender Inflation nicht so positiv kommt wie angenommen?
- Die Kosten für eine Erweiterung des Kindergartens müssen auf Dauer finanziert werden. An der fehlenden Finanzierung der laufenden Kosten ist die Erweiterung des Kindergartens schon einmal gescheitert.
- In der aktuell vorgelegten mittelfristigen Planung sinken ab 2023 die Aufwendungen für Sach – und Dienstleistungen um deutlich über 100.000 € pro Jahr. Nach meiner eigenen Erfahrung werden aber gerade die Unterhaltungskosten jedes Jahr immer teurer. An dieser Stelle droht eine zusätzlich Finanzierungslücke.
- Laufende Kosten, die aufgrund der Investitionen in Gebäude zukünftig entstehen werden (Zins- und Tilgung, laufende Erhaltungsaufwendungen, Abschreibungen, Betreuungskosten) sind in der mittelfristigen Finanzplanung mit Ausnahme der zusätzlichen Transferaufwendungen für die Kindergartengruppe noch gar nicht enthalten. Auch hier gilt es, den künftigen Finanzierungsbedarf zu klären und bereitzustellen, denn er muss dann auf Dauer erwirtschaftet werden.
Auch wegen dieser Risiken muss sich die Gemeindepolitik in Heuweiler dringend um die Verbesserung der Einnahmen kümmern. Strukturell fehlen Heuweiler Einnahmen vor allem bei der Gewerbesteuer. Der Rat hat im letzten Jahr einstimmig beschlossen, die Gewerbesteuer zu senken, um Heuweiler künftig attraktiver für Gewerbetreibende zu machen. Auch ohne Flächen für Gewerbe müssen wir versuchen, Gewerbetreibende ins Dorf zu bringen. Ich würde mir wünschen, dass Heuweiler auf der Homepage mit dem zweitniedrigsten Gewerbesteuerhebesatz der Region aktiv wirbt. Jedem, der in Heuweiler Gewerbe anmelden möchte, sollte ein roter Teppich ausgerollt werden, sofern die Maßnahme städtebaulich vertretbar ist. Eine weitere Senkung der Gewerbesteuer darf dabei kein Tabu sein. Ohne verlässliche finanzielle Basis kann Dorfpolitik nicht gelingen. Wenn wir keinen Erfolg damit haben werden, die Gewerbesteuereinnahmen nachhaltig anzuheben, müssten wir in letzter Konsequenz die Grundsteuer im Dorf deutlich erhöhen und alle Einwohner dadurch zusätzlich belasten.
Bereits in der letzten Amtszeit des Gemeinderats ist es gelungen, uns mit der Gemeinde Gundelfingen auf eine neue Verwaltungsstruktur zu einigen. Damals wurden zwei viertel Bürgerbürostellen und eine halbe Hausmeisterstelle zusätzlich über den Verwaltungskostenbeitrag abgerechnet, und die Aufgaben im Hauptamt wurde vollumfänglich auf Gundelfingen übertragen. Inzwischen wurde auch der Standesamtbezirk zusammengelegt. Heuweiler hat genau genommen nur noch einen einzigen Angestellten, nämlich unseren Bürgermeister. Der Verwaltungskostenbeitrag ist in Folge von ursprünglich 126 TEUR auf 216 TEUR angestiegen. Zusätzlich leisten wir fast 50 TEUR für die Flüchtlingsbetreuung und das Standesamt nach Gundelfingen. Für Reinigungsarbeiten in Heuweiler wird künftig – statt der Vergabe an externe Firmen- an einer Zusammenarbeit mit Gundelfingen gearbeitet. Wir begrüßen diese Entwicklung sehr. Demnächst müsste die Neukalkulation des Verwaltungskostenbeitrages anstehen. Uns ist sehr daran gelegen, dass wir für die Kosten, die Heuweiler in der Gundelfinger Verwaltung verursacht, auch aufkommen. Wir sind in der Neuen Liste nach wie vor überzeugt, dass die interkommunale Zusammenarbeit nicht nur für Heuweiler, sondern auch für Gundelfingen ein Gewinn ist. Mit Bedauern stellen wir fest, das der Gemeinsame Ausschuss der Verwaltungsgemeinschaft im letzten Jahr schon wieder nicht getagt hat. Gerade in Zeiten, in denen informelle Treffen selten sind, sollte der Ausschuss regelmäßig tagen.
Zu Beginn hatte ich bereits Herrn Altmann für die Vorbereitung und die Vorlage des Haushalts gedankt. Ich möchte in meinen Dank aber ausdrücklich Sie Herr Bürgermeister und die Verwaltung in Gundelfingen mit einschließen. Wir fühlen uns durch die Verwaltung in Gundelfingen gut betreut. Dies beinhaltet alle Mitarbeiter, sei es im Bauamt, im Bürgerbüro oder in der Hauptverwaltung. Uns ist bewusst, dass Heuweiler mit seinen Eigenheiten es Ihnen nicht immer leicht macht, Ihre Aufgabe zu erfüllen. Sie mögen uns verzeihen, wenn wir immer wieder auch mit Nachdruck auf unsere Selbstständigkeit hinweisen, und dass wir von Ihnen andere Lösungen fordern als der Gemeinderat Gundelfingen. Umgekehrt sehen und schätzen wir Ihren wichtigen Beitrag für unser Dorf.
Zuletzt möchte ich den vielen engagierten Bürgern und Initiativen im Dorf danken. Trotz der Kontaktbeschränkungen wegen Corona und obwohl das sonst übliche öffentliche Leben seit inzwischen zwei Jahren nur stark eingeschränkt möglich ist, kann man erkennen, dass den Bürgern das Dorf nicht egal ist. Ich bin sicher, sobald die Politik es wieder zulässt, wird das öffentliche Leben in Heuweiler wieder aufblühen.
Dem Haushalt für 2022 wird die Neue Liste zustimmen.
Für die Neue Liste:
Claudius Stahl
Verlinkte Quellen
[1] Haushaltsplan Heuweiler 2022, veröffentlicht gem §41b Abs. 4 GemO BW
[2] Überlegungen für eine Anhebung des Hebesatzes der Grundsteuer B und für eine Senkung des Hebesatzes der Gewerbesteuer in Heuweiler
[3] Vergleich der Haushaltszahlen der letzten Jahre. Veröffentlicht unter Standpunkte: Finanzen & Wirtschaft auf www.neueliste-heuweiler.de