Unabhängig von der Haushaltsbefragung und ihren Ergebnissen ist das Thema Mobilität und Verkehr seit Jahren ein Dauerbrenner im Ort. Aktuell stehen die vom Gemeinderat im Dezember 2020 beschlossene Radwegekonzeption für Heuweiler sowie die schon begonnenen, bestehenden und geplanten Bebauungen mit Mehrfamilienobjekten am Ortseingang Ost sowie in der Dorfstraße hinsichtlich ihrer Auswirkungen v.a. auf den KFZ-Bestand und -verkehr sowie den ruhenden Verkehr zur Debatte. Die schon bestehende Belastung durch den örtlichen und überörtlichen PKW-Verkehr gerade in dem Ortsbereich wird aller Voraussicht nach in Zukunft weiter zunehmen, wenn nicht gezielt gegengesteuert wird. Im Folgenden werden für den Fuß- und Radverkehr, den ÖPNV sowie den KFZ-Verkehr Empfehlungen entwickelt, die eventuell zur Verbesserung der Situation, auch hinsichtlich des Umwelt- und Klimaschutzes sowie lokalpolitischer Aspekte, beitragen können.
- Eine Verkehrspolitik, und das heißt in diesem Zusammenhang auch Wohn- und Bevölkerungspolitik, kann in der heutigen Zeit die bestehenden Mobilitätsprobleme nicht mit noch mehr KFZ-Bestand und -Verkehr lösen. Der PKW als hauptsächliches Verkehrsmittel wird uns sicher noch viele weitere Jahre und Jahrzehnte begleiten. Aber es können Bedingungen geschaffen werden, auch in einem Dorf wie Heuweiler, Haushalte dazu zu bewegen, darauf, mindestens aber auf den Zweit- oder Dritt-PKW zu verzichten.
- Dazu ist die seit 2019 erstmals in einem Teilgebiet Heuweilers geltende Verordnung von mindestens 2 Stellplätzen je neu errichteter Wohneinheit (bisher 1,5) möglicher Weise nicht zielführend. Dadurch werden Baukosten verteuert, u. U. auch Fläche verbraucht, die sonst für mehr Wohnraum oder Nutz- und Gartenfläche verwandt werden könnte. So würden eher Wohninteressierte mit starker PKW-Nutzung ins Dorf ziehen. Stattdessen sollten Wohninteressierte angesprochen werden, die sich z.B. auf Car-Sharing einlassen wollen und/oder auf eine stärkere Nutzung alternativer Mobilitätsangebote wie Mitfahrgemeinschaften, des ÖPNV, wenn diese dann in angemessenem Umfang vorhanden sind, und auch des Fahrrads, des Lastenrads und E-Bikes. Für zuletzt in Freiburg neu besiedelte Stadtteile wie z.B. das Rieselfeld oder das sog. Vauban-Gelände wurden solche Mobilitätskonzepte in Siedlungs-/Wohnkonzepten festgeschrieben.
- Insgesamt ist zur Entlastung der Hauptdurchgangsstraßen, auch vom ruhenden Verkehr, in Heuweiler zu erwägen:
- ein oder auch mehrere Standorte für Car-Sharing einzurichten, insbesondere mit E-Ladestation, und
- Neubauten möglichst mit Tiefgaragen auszustatten
- Der neu gestaltete Alt-Vogtshof könnte zu einem Modellprojekt für die Gemeinde werden, indem dort z. B. ein bis zwei Stellplätze für Car-Sharing eingerichtet oder die zukünftigen Bewohner zur kollektiven Nutzung eines gemeinsamen Fahrzeugs sowie zur Nutzung der Mitfahrgelegenheit Orangener Punkt motiviert werden. Der in der Dorfmitte geplante Standort für ein Lasten-Velo geht in dieselbe Richtung.
- Funktionsfähige Fahrräder, so die Erhebung, sind genug vorhanden in den Haushalten Heuweilers, allein es fehlt an sicherer und komfortabler Radweg-Infrastruktur, v.a. in Richtung Gundelfingen, die häufigste Fahrtrichtung aus Heuweiler heraus. Hier muss im Jahr 2021 zumindest eine Entscheidung zu einer in nächster Zukunft umsetzbaren Radweglösung kommen, auch als Anbindung an den geplanten Radschnellweg 6 (RS 6). Insgesamt werden im Ort 4 Varianten diskutiert:
- Variante 1: Straßenbegleitender Radweg entlang der Gundelfinger Straße (3,2 Km bis Bahnhof Gundelfingen, ab Ortsmitte Heuweiler)
- Variante 2: Ausbau des Malefikantenwegs zu einem Zubringer zum RS6 mit Asphaltierung von bisher nicht befestigten Wegstrecken (3,6 Km bis Bahnhof Gundelfingen, ab Ortsmitte Heuweiler)
- Variante 3: Umwidmung der Gundelfinger Straße in eine Fahrradstraße bzw. fahrradfreundliche Straße (3,2 Km bis Bahnhof Gundelfingen, ab Ortsmitte Heuweiler)
- Variante 4: Ausbau des Wirtschaftsweges von Hinterheuweiler übers Leheneck Richtung Wildtal, weiter über den Rebweg in Wildtal bis zur Waldkircher Straße in Gundelfingen (4,6 Km bis Bahnhof Gundelfingen, ab Ortsmitte Heuweiler, über Hinterheuweiler, Leheneck, Rebberg, Gundelfinger Weg, Wildtaler Straße und Kandelstraße in Gundelfingen).
Neben der vordringlichsten Radweglösung nach Gundelfingen sind noch kurz die Radverbindungen in die Nachbargemeinden Denzlingen und Glottertal zu diskutieren. Nach Denzlingen besteht ein Radweg, unter Verwendung des sog. RadNetz-BW-Weges an der B294 entlang, der möglicherweise zur offiziellen Trasse des RS6 zwischen Gundelfingen, Denzlingen nach Waldkirch gewählt wird. Nach Glottertal könnte die Glottertalstraße genutzt werden, die schon jetzt als fahrradfreundlich anzusehen ist (wenig KFZ-Verkehr, Tempo 30kmh zumindest bis zum Ortsausgang Heuweiler, ausreichende Breite), so dass eine Umwidmung in eine Fahrradstraße, ähnlich wie oben anhand der Gundelfinger Straße diskutiert, zu bedenken wäre. Dazu müsste nur Tempo 30 bis zu ihrer Einmündung auf die L112 ausgeweitet werden. Eine Weiterführung eines Radweges entlang der L112 nach Glottertal hinein wäre wünschenswert.
Welche der hier diskutierten Varianten in die drei Nachbargemeinden gewählt werden, muss das zu erstellende Radwegekonzept klären, das der Gemeinderat Ende 2020 beschlossen hat, sowie die zuständigen Gremien unter Einbeziehung der Bürger*innen, den vorhandenen Initiativen und den Nachbargemeinden. Die Interessen aller Wegenutzenden, auch der landwirtschaftlichen Betriebe, sollten dabei gleichmäßig gewichtet werden.
In diesem Zusammenhang, und gemäß dem Motto des Untertitels der Haushaltsbefragung „Gemeinsam älter werden im Dorf“, sind auch die weitere Förderung und der Einsatz von E-Bikes/Pedelecs zu sehen, die gerade für ältere Menschen den Erhalt und sogar die Erweiterung ihrer Mobilität gewährleisten können. Der Mobilitätsbericht des Bundesverkehrsministeriums 2017 hat dazu schon Ergebnisse gebracht, dass diese Form der Radmobilität auch ältere Menschen wieder aufs Rad bringen bzw. ihnen das Radfahren länger ermöglichen kann. Auch in den „älteren“ Haushalten aus der Befragung spielt das Pedelec eine zunehmende Rolle. Eine sichere Radweg-Infrastruktur wäre der wichtigste Beitrag, den die Kommune dazu liefern kann. Das neue Förderprogramm Nationaler Radverkehrsplan 3.0 des Bundesverkehrsministeriums (2021) nennt wichtige Fördermöglichkeiten.
- Dass das (eigene) KFZ, auch für Senior*innen, weiter zur Verfügung stehen muss, ist eine Selbstverständlichkeit, aber auch der Abschied vom selbständigen Nutzen bzw. Führen eines KFZ durch sie muss hier angesprochen werden. Unsere Ergebnisse zeigen, dass in den Haushalten ohne KFZ gesundheitliche bzw. Altersgründe dafür die Hauptrolle spielen. Die dadurch entstehende Abhängigkeit der BetroffenenB. beim Einkaufen, bei Arztbesuchen etc. von Angehörigen, Nachbarn und auch Organisationen sind zu berücksichtigen. Betroffene könnten z. B. auch durch die Mitfinanzierung einer Car-Sharing-Mitgliedschaft ihre Autonomie in diesem Bereich erhalten, auch wenn sie selbst das Fahrzeug nicht führen, sich jedoch von anderen Beteiligten mitnehmen lassen.
- Ein beträchtlicher Teil der in die Nachbargemeinden pendelnden Bewohner*innen Heuweilers bezeichnen sich als häufige Bus-, Bahn- und Straßenbahn-Fahrer*innen. Sie kommen also schon entweder mit dem KFZ, dem Fahrrad oder dem Bus nach Denzlingen, um von dort u. U. mit Bus oder Bahn weiterzufahren, oder mit dem KFZ oder Fahrrad nach Gundelfingen, um dort u. U. in Bahn oder Straßenbahn umzusteigen. Für diese und auch für den ÖPNV neu zu gewinnende Nutzer*innen ist
- das Busangebot Richtung Denzlingen/Glottertal durch mehr Haltestellen im Ort, höhere Frequenzen und mehr Abend-, Nacht- und Wochenend-Verbindungen zu verbessern, und
- eine neue (Klein-)Buslinie zur Anbindung an die Partnergemeinde Gundelfingen, zum Bahnhof und zur Straßenbahnendhaltestelle Nach Gundelfingen besteht aus Sicht von 81% der befragten Haushalte ein Bedarf dafür. Diese wäre möglicher Weise auch mit einem anderen ÖPNV-Partner (z.B. VAG) als dem, der jetzt die Linie Denzlingen/Glottertal/St. Peter bedient (SBG) zu erreichen. Eventuell könnte eine solche Busverbindung in Kooperation der Gemeinden Glottertal, Heuweiler und Gundelfingen realisiert werden, auch unter Berücksichtigung touristischer Nutzer*innen.
- Die Mitfahrgelegenheit Orangener Punkt ist nur ein kleiner Baustein im gesamten Mobilitätsangebot. Mitgliederzahl und Nutzung sind bis Beginn des Jahres 2020 stetig gestiegen. Mit einer erhöhten Akzeptanz, einer Internetplattform zur gegenseitigen Kommunikation sowie einer stärkeren Nutzung von digitaler Technik und Programmen durch Senior*innen noch weiter ausbaufähig. Analoge Mittel wie Mitfahrbänke im Ort, noch mehr OP-Haltestellen auch in den Nachbargemeinden incl. Glottertal, (bisher noch nicht einbezogen), sind weitere Verbesserungsmöglichkeiten.
Heuweiler, im Mai 2021
Otmar Maas und Burkhard Werner