Empfehlungen aus der Haushaltsbefragung. Teil 1: Bevölkerungsentwicklung, zur Entwicklung des Wohnbestandes und zur allgemeinen Infrastruktur

Mobil, immobil und die Immobilie – Gemeinsam älter werden im Dorf. Empfehlungen aus der zur Haushaltsbefragung der Kath. Hochschule Freiburg in Heuweiler.

Trotz der Bedeutung einer Stadt-/Gemeindeentwicklungspolitik, auch der einer ländlichen Gemeinde in einer Stadtregion, zeigt die Erfahrung, dass sich oft wenig, manchmal gar nichts vorausschauend planen, und einiges nicht oder nur schwer umsetzen lässt. Dennoch ist sie wichtig, um für die relevanten Entscheidungen der politischen Gremien zumindest eine Zielrichtung vorzubereiten.

Diese Zielrichtung gibt es auch für Heuweiler, vielleicht nicht explizit in Form eines Leitbildes, aber doch in den Aussagen der politischen Gremien und z.B. der politischen Listen im Gemeinderat. So wird ein (moderates) Bevölkerungswachstum auch für Heuweiler für sinnvoll erachtet, so wie es auch in den Jahrzehnten zuvor (vgl. auch Kapitel 2.2 des Abschlussberichtes) in Heuweiler der Fall war. Auch wenn offizielle Prognosen für das Jahr 2035 eher eine Konstanz der Bevölkerungszahl nahelegen, ist anhand der aktuellen Bevölkerungsentwicklung für Deutschland, für unser Bundesland sowie für unsere Region eher von einer Zunahme auszugehen. Alles spricht dafür, dass auch auf Heuweiler in Zukunft ein gewisser Druck bzw. eine Nachfrage nach mehr Wohnraum weiter bestehen bleibt, und die Einwohnerzahl steigen wird. Da Heuweiler eine Gemeinde mit relativ wenig bebauungsfähiger Fläche ist, wird sich der zusätzliche Wohnungsbau weitgehend auf die noch wenigen bestehenden Baulücken beschränken, und auf den Abriss einiger sehr alter, eher nicht zu erhaltenden Gebäude und den darauffolgenden Neubau. Dies wird vermutlich eher in Form von Doppel-/Reihenhäusern sowie Mehrfamilienhäusern mit Eigentums- und Mietwohnungen geschehen. Dabei werden die bisherige Zahl von Wohnungen und deren insgesamt bewohnbare Fläche, die bei solchen Projekten entstehen (verdichtete Bauweise), aufgrund der hohen Bodenpreise und der gestiegenen Baukosten größer als zuvor und damit die steigende Nachfrage, die sich aus allen demografischen Wanderungsbewegungen ergeben wird, zumindest teilweise decken. Dabei muss auch berücksichtigt werden, dass bei steigender Bevölkerungszahl der Bedarf an allgemeiner Infrastruktur (U3-Betreuung und Kindergarten, Schulplätze, Einrichtungen der Altenhilfe, u.v.a.m.) steigen wird. Zusätzlich ist bei unserer an Gewerbetreibenden armen Gemeinde zu bedenken, dass entweder Gewerbeflächen ausgewiesen werden oder Mischgebiete aus Wohnbebauung und Gewerbe. Die politische Gemeinde, aber auch die Bürger*innen (Verkäufer*-, Investor*-, Bauherr*innen usw.), die bei solchen Projekten letztlich die relevanten Entscheidungen treffen, sollten wenn möglich folgende Aspekte berücksichtigen:

  • Bei der Erhöhung der Anzahl der Wohnungen und der Wohnfläche ist der Erhalt des ländlichen Dorfbildes zu berücksichtigen.
  • Schaffung von Wohnraum auch für Interessent*innen mit geringerem Einkommen, sei er zu kaufen oder auch zu vermieten.
  • Schaffung von Wohnraum auch für gesellschaftliche Gruppen, die erfahrungsgemäß wenig Chancen auf dem Wohnungsmarkt haben: Menschen mit Migrationshintergrund und Flüchtlinge, Menschen, die von Wohnungslosigkeit oder Obdachlosigkeit bedroht sind, Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen und ältere Menschen mit Hilfe-/Pflegebedarf. Die Bürgergenossenschaft Heuweiler geht mit ihrem Projekt Altvogtshof beispielhaft voran, indem eine Wohnung behindertengerecht erstellt wird, und der Gemeinde darüber hinaus ein Belegungsrecht für 2 WohnungenB. für Flüchtlinge eingeräumt wird.
  • Die Gemeinde sollte mit Eigentümer*innen von leerstehenden Wohnungen in Heuweiler weiter im Gespräch bleiben, diese an Wohnbedürftige zu vermieten.
  • Bei Neu-, Um- und Ausbau von Wohnraum ist es an der Zeit, von vornherein architektonisch darauf zu achten, dass v.a. Reihen-/Einfamilienhäuser und Doppelhaushälften, aber auch größere Wohnungen in Mehrfamilienhäusern, so geplant und errichtet werden, dass sie später mit geringem Aufwand wieder in kleinere Wohneinheiten aufgeteilt werden können. So wäre es möglich, den Platzbedarf an sich verändernde Haushaltsgrößen anzupassen, wenn aus der jungen Familie mit Kindern ein 2- oder sogar 1-Personenhaushalt geworden ist.
  • Bei der Größe von geplanten Neubauprojekten sowie der Anzahl der geplanten Wohneinheiten je Projekt ist darauf zu achten, dass einerseits genügend Abstellplatz für die erwartbaren PKWs je Wohnung geschaffen wird, andererseits aber durch eine zu hohe Zahl von Abstellplätzen der Wohnungsbau insgesamt zu teuer (ein Tiefgaragenplatz kosten 25.000 Euro) und die erzielbare Wohnfläche reduziert wird. Insofern ist die derzeitige Regelung von 2,0 Stellplätzen je Wohneinheit für Neubauten in bestimmten Bereichen der Dorfstraße zu überdenken, zumal die durchschnittliche Anzahl von PKWs je Haushalt in Heuweiler bei 1,6 liegt (Kapitel 5.3 des Abschlussberichtes). Stattdessen wäre zu überlegen, wie mit bestimmten Maßnahmen stärker ökologisch eingestellte Gruppen von Wohninteressierten, die auf den Zweit- oder Drittwagen verzichten, angesprochen werden können, z.B. durch die Verbesserung im ÖPNV und durch sichere Radwegeverbindungen in die Nachbargemeinden, v.a. Richtung Gundelfingen/Freiburg. So könnte der benötigte Park- und Abstellraum reduziert werden. In diesem Zusammenhang wäre auch zu überlegen, ob nicht optional oder sogar obligatorisch für jedes neue Wohn-/Gewerbegebäude eine PV-Anlage eingeplant wird. Im Rahmen der erwartbaren Zunahme von E-Cars und E-Bikes wird der Strombedarf, der am sinnvollsten dezentral, also am Ort des Bedarfs produziert wird, ebenfalls steigen. Eine 10 Kw-peak Anlage, die bis zu 10.000 Kwh/Jahr produzieren kann, ist schon für 15.000 Euro derzeit auf dem Markt zu haben.
  • Bei der Schaffung von zusätzlichem Wohnraum durch Neu-, Um- und Ausbaumaßnahmen ist darauf zu achten, dass auch die dann notwendige Infrastruktur wie U3- und Kindergartenplätze, u.U. auch Schulplätze, sowie – bisher meist vernachlässigt – auch für die alternde Bevölkerung bedacht wird. Die immer noch steigende Lebenserwartung hat schon bisher am stärksten zur Bevölkerungszunahme beigetragen (indem einfach immer mehr Menschen auch hohen Alters unter uns leben), mehr als die Zuwanderung aus Nachbargemeinden, anderen Bundesländern sowie aus dem Ausland. Die bisherige Bevölkerungspolitik gerade auf dem Lande hat nie bedacht, dass z.B. durch den erzwungenen Wegzug hochaltriger und pflegebedürftiger Menschen in Altenpflegeheime der umliegenden Gemeinden eine wichtige Bevölkerungsgruppe benachteiligt wird. Derzeit leben geschätzt etwa 10 dieser betagten Menschen in stationären Einrichtungen außerhalb Heuweilers. Deshalb wäre sowohl eine kleine Anlage des betreuten Wohnens für Senior*innen als auch eine Wohn-Pflegegruppe für 6 bis 8 Personen – unter Beteiligung der hier tätigen ambulanten Pflegedienste – sowohl sinnvoll als auch bedarfsdeckend.

Heuweiler, im März 2021

 

       

Otmar Maas und Burkhard Werner