Malefikantenweg und Hochgericht in Heuweiler

 

Die Herrschaft Schwarzenberg hatte „von uralter Zeit her“ das Hochgericht mit Stock, Galgen und Exekution in Heuweiler [1]. Es wurde für Waldkirch bis zum 30-jährigen Krieg genutzt[2]. In einem Bericht des Amtsmanns Sulger (Waldkirch, 17. Jhd.) wird berichtet: „Wo das Hochgericht gestanden läuft dahinder hero ein Wässerle der Taubach genannt“ (nach [2]).

Hochgericht und Galgen befinden sich an einer besonderen Stelle. Hier trafen mehrere Herrschaftsgrenzen – heute Gemarkungsgrenzen – aufeinander. Im Mittelalter waren das [3]:

1.) Von Gundelfingen (Gondaluingen): altes Reichsgebiet, das mithilfe des „Wildbanns“ von 1008 zum Bistum Basel gehörte[4], später einem Familienzweig des Freiburger Patriziergeschlechts der Snewlins.

2.) Der besondere Besitz des Litzelstaler Hofes (ab 1387 ist aktenkundig, dass der Hof  in Besitz der Freiburger Adelsfamilie Turner war, die mit Silberbergbau in der Gegend reich geworden war; Burkhard der Turner war 1284 einer der Geldgeber zum Bau des Urgrabens am Kandel[5])

3.) Von Denzlingen: Besitz des Klosters Einsiedelns im Kanton Schwyz (dieser Besitz gehörte ursprünglich dem Grafen Guntram; dessen Güter waren jedoch wegen Hochverrats auf dem Reichstag in Augsburg am 7.August 952 von König Otto I eingezogen worden; später war das an Heuweiler grenzende Gebiet dem Kloster Einsiedeln übertragen worden, ab 1190 den Markgrafen von Hachberg [6]

Heuweiler dagegen gehörte möglicherweise schon seit Gründung des Margarethenstifts in Waldkirch im Jahre 918 zu dessen Besitzungen. Einen Hinweis, der diese These unterstützt, könnte das Patrozinium der Kirche in Heuweiler geben: Remigius [7] hatte den Merowingerkönig Chlodwig und 3000 Adliges seines Gefolges um das Jahr 500 n. Christus getauft. Dieser Akt wird mithin als Geburtsstunde des christlichen Abendlandes bezeichnet, weil dadurch ein Brückenschlag zwischen den römisch-katholischen Traditionen der Mehrheit der Bevölkerung des Frankenreiches und der germanischen Herrscher möglich wurde [8]. Kirchen, die dem Heiligen Remigius gewidmet sind, einstanden nach Unterwerfung der allemannischen Stämme durch die Franken oft an ehemals vorchristlichen Kult- und Dingstätten [9], um damit die Akzeptanz der neuen Ordnung bei den Einheimischen zu erhöhen. Entsprechend deutet das Patrozinium St. Remigius auf die fränkische Königsherrschaft [10]; dazu passend weist die Endung des Ortsnamens ~weiler auf eine Ortsgründung in der Zeit der Fränkischen Landnahme zwischen dem 5. und 8. Jahrhundert hin. Besitztümer des Margarethenstifts sind bis in die frühe Neuzeit belegt [11]

Abb. 1: Remigius von Reims [7] in der Darstellung der Kirche St. Remigius in Heuweiler. Remigius ist mit Bischofsstab abgebildet, neben ihm ein Diakon, der ihm ein Ölgefäß reicht

Wahrscheinlich kreuzten einige hundert Meter von dieser Stelle zwei Römerstrassen [12] (die Straße ins Glottertal bzw. die ins Elztal); in unmittelbarer Nähe (Gewann Oberer Tauben und Mittlerer Tauben) gibt es Belege für römische Bautätigkeit[13]. Vielleicht wurde der Platz schon damals als Galgenplatz genutzt. Galgen wurden nämlich immer in Grenzgebieten und/oder an wichtigen Straßen aufgestellt. Sie sollten Ankömmlinge abschrecken und die angrenzenden Grundherrschaften warnen. Wenn die Galgen „belegt“ waren, hieß das für Reisende soviel wie: Hier herrscht Recht und Ordnung! Der Weg zum Hochgericht führte im Mittelalter von Waldkirch aus über markgräflich-badisches Gebiet der Gemeinde Denzlingen. Die Überführung erforderte deswegen die Einwilligung der markgräflichen Beamten.

Der Flurname Galgenmatten hat sich bis heute gehalten. Bei der Grenzfestlegung zwischen Heuweiler und Denzlingen war es Vorderösterreich sehr wichtig, den Malefikantenweg, also den Weg, auf dem traditionell die Missetäter zum Hochgericht und zum Galgenplatz gebracht worden waren, auf die eigene Gemarkung zu bekommen. Der ganze vierte Paragraph des 1791 zwischen Baden und Vorderösterreich geschlossenen Vertrages [14a] handelt um die Nutzung des Malefikantenweges: Da die „Gloder- oder Malefizstraße zwar vom Reiserhag bis an das Eichenbrünlein auf Badische Seite fällt, von da aber bis zum Hohgericht inclusive auf oesterreichische Seite kommt, so hat man a parte Baaden auf ersterem Theil, a parte Oesterreich auf dem lezten Theil, weder die Transportirung der Maleficanten noch sonst einigen Gebrauch dieser Straße zu hindern…“ [Transkription: H. Scherzinger, Heuweiler]. Der Malefikantenweg existiert als Feldweg bis heute, obwohl er mittlerweile in Teilen zur Gemarkung Denzlingen gehört.  Während er auf der Gemarkung Heuweiler durchgehend geteert ist, ist er auf dem Denzlinger Teil lediglich als Schotterweg ausgebaut, genauso wie seine Verlängerung auf Gundelfinger Gemarkung, obwohl er der meistgenutzte Weg für Radfahrer zwischen den Dörfern ist.

Malefikantenweg und Galgenplatz Heuweiler

Abb. 2: Galgenplatz in Heuweiler auf der Grenzkarte von 1795 [14b]

Der Galgenplatz war bis 1836 im Besitz des Staates (damals: Großherzogtum Baden). Das ca. 13 a große Flurstück (3/8 Jauchert; Bei der Vermessung des strittigen Bezirks mit Denzlingen durch Geometer Mathias Reichenbach von Suggental im Jahre 1781 hatte das damals „Hochgericht Plaz“ genannte Grundstück zwischen Malefikantenweg und Taubenbach eine Größe von 127 Ruthen[15]) wurde im Oktober 1836 im Rahmen einer öffentlichen Versteigerung ohne Mitbieter an den damaligen Bürgermeister Schwehr (Litzelstahler Hof) versteigert [16]. Im Rahmen einer Umgemarkungsvereinbarung von 1976 unter Bürgermeister Oskar Binninger, die das Ziel hatte, den Sportplatz Heuweiler in die Gemarkung Heuweiler zu überführen, kam u.a. der Galgenplatz und der untere Teil des Malefikantenweges (der jetzt ungeteerte Teil) zum 01.01.1978 doch noch zur Gemarkung Denzlingen. Nur die Galgenmatten südlich vom Bach  blieben bei Heuweiler.

Malefikantenweg und Hochgerichtsplatz heute

Abb. 3: Malefikantenweg und ehemaliger Hochgerichtsplatz (HP) heute [17]


Verlinkte Quellen

1. Georg Schurhammer: Schloss Winterbach im unteren Glottertale (I), Alemannia 9, 12, 1908

2. Hermann Rambach: Ein Kapitel Kulturgeschichte aus dem Breisgau am Beispiel der Kameralherrschaft Schwarzenberg. Oberrheinische Heimat 28 (Der Breisgau), 451, 1941

3. Dargleff Jahnke: Recherche zur Geschichte Heuweilers: Das Hochgericht an den Galgenmatten. Gemeindearchiv Heuweiler 2016

4. Wildbann 1008: Regesta Imperii, RI II,4 n. 1695, in: Regesta Imperii Online. Heuweiler lag an der Grenze und in unmittelbarer Nachbarschaft der Basel zur Verfügung gestellten Gebieten.

5. Urgraben am Kandel auf der Seite www.breisgau-burgen.de

6. Internetseite des Heimat- und Geschichtsverein Denzlingen

7.  Wikipedia-Eintrag zu Remigius von Reims  und Bericht „Remigius ist Wegbereiter des Christentums“ aus der BZ vom 14.11.218

8. Berthold Seewald: Frankenkönig Chlodwig I: Ein Massenmörder wurde zum Gründer Europas , Welt.de, 27.11.2011.

9.  Helmut Weigel: Das Patrozinium des Hl. Martin. In: Studium Generale 3(1), 145, 1950

10. Helmut Flachenecker: Patrozinienforschung in Deutschland. In: Concilium Medii Aevi, Jg. 2 (1999), S. 145–163

11. Besitzungen des Margarethenstifts Waldkirch im Jahre 1784 auf neueliste-heuweiler.de

12. Heerweg bei Heuweiler auf neueliste-heuweiler.de

13. Lageplan und Liste der archäologischen Kulturdenkmale Gemeinde Denzlingen, Quelle:  Seite 58 des Erläuterungsbericht der Fortschreibung des FNP 2020 des Gemeindeverwaltungsverbands Denzlingen-Vörstetten-Reute

14. Generallandesarchiv Karlsruhe: a) Denzlingen 21 Nr. 28: Vergleich wegen der Banngrenzen von Heuweiler, Langendenzlingen und Gundelfingen 1791 und b) zugehöriger Grenzkarte (Generallandesarchiv Karlsruhe: H Baden-Österreich 60)

15. Masseinheit: 1 Jauchert = 360 Ruthen = 36 ar = 0,36 ha

16. Eintrag im Grundbuch von Heuweiler (Band 1) zur Versteigerung des Galgenplatzes 1836

17. Datenquelle des Luftbildes: LGL, www.lgl-bw.de

18. Historische Gemarkungspläne von Heuweiler auf LEO-BW

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